Motivation

Die Nacht ist Leben:
Warum wir die natürliche Dunkelheit schützen müssen

Die natürliche Dunkelheit ist für das Leben auf der Erde unverzichtbar. Etwa 60% aller Lebewesen auf unserem Planeten sind nachtaktiv und benötigen die Dunkelheit zum Überleben. Bei den Säugetieren sind es sogar 69%, die hauptsächlich in der Nacht aktiv sind. Die natürliche Nacht ist ihr Lebensraum – zum Jagen, zur Fortpflanzung und zur Orientierung.

Auch Pflanzen haben sich über Millionen von Jahren an den natürlichen Rhythmus von Tag und Nacht angepasst. Die Dunkelheit ist essenziell für ihre Entwicklung und ihren Stoffwechsel. Selbst wir Menschen sind biologisch auf diesen Rhythmus eingestellt: Unser Körper produziert das wichtige „Schlafhormon“ Melatonin nur in der Dunkelheit.

Doch die natürliche Nacht ist bedroht. Künstliche Beleuchtung verdrängt die Dunkelheit immer mehr und stört die empfindlichen Ökosysteme. Insekten werden von Lichtquellen angezogen und verenden, Zugvögel verlieren ihre Orientierung, und der Biorhythmus vieler Lebewesen gerät aus dem Takt. Dies bezeichnen wir als Lichtverschmutzung

Folgen der Lichtverschmutzung inkludieren:

…für die Astronomie

Verringerung der sichtbaren Sterne: Mit zunehmender Himmelshelligkeit halbiert sich die Anzahl der mit bloßem Auge sichtbaren Sterne pro Helligkeitsstufe.

Beeinträchtigung astronomischer Beobachtungen: Selbst große Teleskope können in lichtverschmutzten Gebieten nicht mehr effektiv arbeiten.

…für die menschliche Gesundheit

Störung des circadianen Rhythmus: Der natürliche Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen wird gestört.

Unterdrückung der Melatoninproduktion: Besonders blaues Licht (Wellenlängen unter 550 nm) hemmt die Produktion des Schlafhormons Melatonin.

Gesundheitliche Folgen: Schlafstörungen, metabolische Störungen, erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten (z.B. Brust-, Prostata-, Darm- und Gebärmutterkrebs).

…für die Tierwelt

Beeinträchtigung nachtaktiver Tiere: 69% aller Säugetiere sind nachtaktiv und werden durch künstliches Licht in ihren natürlichen Verhaltensweisen gestört.

Desorientierung von Zugvögeln und Insekten: Vögel kollidieren mit beleuchteten Gebäuden, Insekten werden von Lichtquellen angezogen und sterben durch Erschöpfung.

Veränderung von Jagd- und Beuteverhalten: Künstliches Licht kann das natürliche Gleichgewicht zwischen Räubern und Beutetieren stören.

…für Umwelt und Natur

Störung der Photosynthese: Pflanzen können durch künstliches Licht in ihrem natürlichen Zyklus gestört werden, was zu vorzeitigem Absterben führen kann.

Veränderung von Blüh- und Wachstumszyklen: Bäume können ihre Blätter unter Straßenlampen das ganze Jahr über behalten.

…für Energiehaushalt und Kosten

Unnötiger Energieverbrauch durch Überbeleuchtung und falsch ausgerichtetes Licht.

Hohe Kosten für Gemeinden und Privatpersonen durch ineffiziente Beleuchtung.

Weltatlas der künstlichen Nachthimmelshelligkeit, zeigt farblich die Stärke der auftretenden Lichtverschmutzung global (schwarz: keine Himmelsaufhellung bis weiß: extreme Himmelsaufhellung durch künstliche Lichtquellen); aus „The new world atlas of artificial night sky brightness“ von Fabio Falchi et al. (2016) in Science Advances Vol. 2(6)https://doi.org/10.1126/sciadv.1600377

Die Zunahme der Lichtverschmutzung ist alarmierend: In Europa nimmt die Himmelshelligkeit jährlich um etwa 6% zu, was bedeutet, dass sich die Helligkeit des Nachthimmels etwa alle 12 Jahre verdoppelt. Diese Entwicklung gefährdet nicht nur unsere Fähigkeit, den Sternenhimmel zu beobachten, sondern hat weitreichende Folgen für Ökosysteme und menschliche Gesundheit.

Um Lichtverschmutzung zu reduzieren, sind gezielte Maßnahmen erforderlich: die Verwendung gut abgeschirmter Leuchten, die Reduktion der Beleuchtungsintensität, die Begrenzung der Beleuchtungszeiten und der Einsatz von warmweißem Licht mit geringen Blauanteilen. Nur durch bewusstes Handeln können wir die natürliche Dunkelheit der Nacht bewahren und ihre vielfältigen positiven Effekte für Mensch und Natur erhalten.

Daten des Weltatlas der künstlichen Himmelsaufhellung mit Fokus auf Österreich (blau = keine/geringe Lichtverschmutzung, grün/gelb = moderat, orange/violett = starke Lichtverschmutzung)
aus „Measuring and Modelling Night Sky Brightness – The Impact of Light Pollution“ von Stefan Wallner (2020), Dissertation an der Universität Wien
https://doi.org/10.25365/thesis.64594